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Der Telenovela-Streit in Mexiko
 

Entfremdung

In den siebziger Jahren wurden in ganz Lateinamerika die Massenmedien als Agenten des Kulturimperialismus gebrandmarkt, welche die kulturelle Autonomie der lateinamerikanischen Völker durch fremde kulturelle Werte zerstören wollten. Ideologiekritische Produktanalysen wurden vorgenommen und die Mechanismen der Bewusstseins-Entfremdung hervorgehoben. Es wurden andere Inhalte in den Telenovelas gefordert. (TV Azteca trat 1993 mit dem Anspruch an, diese anderen Inhalte zu bieten). Zudem riefen die aggressiven Strategien des mexikanischen Telenovela-Produzenten Televisa viel Kritik hervor.

Intellektuelle bleiben draußen

In Mexiko hielten sich die professionellen Kulturschaffenden, wie Autoren, Regisseure und Schauspieler, anders als in Brasilien jahrzehntelang vom kommerziellen Fernsehkonzern fern, da es als "Image schädigend" galt, bei Televisa zu arbeiten. Dadurch gab es über viele Jahre hinweg gar nicht erst den Versuch, in Programmen wie den Telenovelas anspruchsvolle Innovationen vorzunehmen. Dies führte zusammen mit dem rein kommerziellen Gewinnstreben Televisas dazu, dass sich die mexikanischen Telenovelas bis in die achtziger Jahre filmästhetisch wenig veränderten. Zu der Zeit wurden die Arbeitsmöglichkeiten für Künstler in Mexiko immer schlechter, so dass einige der professionellen Fernseh- und Filmleute zu Televisa gingen und die Produktion beeinflussten.

Televisa reagiert

Televisa reagierte auf die Kritik mit dem Argument, die in den Telenovelas präsentierten Inhalte enthielten "gute Botschaften". So könne das Publikum gute Sitten kopieren, wie z. B. das Waschen der Hände vor dem Essen. Schlechte Gewohnheiten wie Alkohol- und Drogengenuss würden in der Telenovela bestraft und hätten daher abschreckende Wirkung. Gleichzeitig würde das Zur-Schau-Stellen von luxuriösen Konsumartikeln in den armen Menschen nicht den Wunsch wecken, eben solche zu begehren, weil sie mit ihren traditionellen Lebensformen zufrieden seien. Außerdem wurde die hohe Qualifikation der in Televisa Arbeitenden und die gute Qualität der Telenovelas immer wieder betont.

Popularisierung der Kritik

Die Kritik der Intellektuellen wurde in Mexiko "popularisiert": aus dem Argument der kulturellen Homogenisierung wurde z. B. der konservative Vorwurf, dass die traditionellen mexikanischen Sitten ausgehöhlt würden, wie z. B. die Priorität der Familie. Dies galt von Seiten der Männer als Kritik an den Frauen, welche durch die Telenovela-Inhalte motiviert würden, die Autorität des Mannes in Frage zu stellen und sich nicht genug um Mann und Kinder zu kümmern, weil sie an die Telenovelas gefesselt seien. Dies führe zur Verwahrlosung der Kinder. Überhaupt würden Jugendliche und Kinder durch Telenovelas zu Delinquenz, Drogensucht und sexuellen Ausschweifungen verleitet.
Männer kritisierten die Telenovelas besonders heftig und fanden es peinlich, Telenovelas zu mögen.

Niemand sieht sie

All dies führte dazu, dass in Mexiko viele Jahre lang kaum jemand zugab, dieses Programm zu schauen. Bis heute äußern viele, sie würden nur ab und zu einmal hinschauen und ansonsten andere Dinge im Haus tun. Andere betonen, sie würden die Serien nur zur reinen Unterhaltung und Zerstreuung für ein Weilchen anschauen, wenn sie ohnehin nichts anderes zu tun hätten. Wieder andere beteuern, sie selber, ihre Kinder oder ihre Eltern würden eine Menge Gutes von den Telenovelas lernen. Gleichzeitig betonen sie, dass sie nicht von den Telenovelas beeinflusst würden. Erst wenn klar ist, in welcher Umgebung man sich befindet, kann der hemmungslose Austausch über die Geschichten stattfinden.

 

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